Populationsbiologie von hemiklonalen Wasserfröschen (seit 1991)
Gemäss der Evolutionstheorie haben Hybridarten und Arten mit klonaler oder halb-klonaler Fort-
pflanzung einen Selektions-Nachteil gegenüber echten Arten mit geschlechtlicher Fortpflanzung.
Dennoch existieren einige dieser angeblich benachteiligten Arten seit mehr als 200'000 Genera-
tionen und weisen grosse Verbreitungsgebiete sowie hohe Populationsdichten auf.
Wir benutzen den hemiklonalen Teichfrosch (Pelophylax esculentus) – ursprünglich ein Hybrid
zwischen dem Kleinen Wasserfrosch (P. lessonae) und dem Seefrosch (P. ridibundus) – als
Modellsystem, um die genetischen, verhaltensbiologischen und ökologischen Ursachen für die-
sen unerwarteten ökologischen und evolutiven Erfolg zu untersuchen. Der Hybrid pflanzt sich
hybridogenetisch fort, d.h., er entfernt eines der Elternart-Genome vor der Meiose aus der Keim-
bahn und gibt das Genom der anderen Elternart klonal an Eier bzw. Spermien weiter. Einige
unserer spezifischen Fragestellungen lauten:
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Welche Faktoren bestimmen die Grösse, Zusammensetzung und Dynamik von Populatio-
nen, in denen die Hybriden allein oder gemeinsam mit den Elternarten vorkommen?
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Wie beeinflussen verschiedene ökologische Bedingungen Paarungserfolg und Überle-
bensraten von Hybrid- und Eltern-Individuen?
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Unterscheiden sich Entstehung und Aufrecherhaltung von Polyploidie zwischen verschie-
denen Regionen des Verbreitungsgebietes?
Die Resultate aus unseren Freilanduntersuchungen, Laborexperimenten und mathematischen
Modellen können zum Verständnis verschiedener allgemeinerer biologischer Themen beitragen.
Dazu gehören sexuelle Konflikte, die Stabilität von Hybridzonen, das evolutive Potenzial von
(halb-) klonalen Gruppen für die Artbildung, die Dynamik von eng gekoppelten Systemen (z.B.
Parasit-Wirt) und die Frage: wie beeinflussen Verhaltens-Strategien der Individuen die Zusam-
mensetzung und Dynamik von Populationen und ökologischen Lebensgemeinschaften?